Antigone
von Sophokles (497/496 - 406/405 vor Chr.)
Ungeheuer ist viel, und nichts
ungeheurer als der Mensch,
der nämlich, über das graue
Meer
im stürmenden Süd fährt er dahin,
andringend unter rings
umrauschenden Wogen. Die Erde
auch,
der göttlichen Höchste,
die nimmer vergeht und nimmer
ermüdet,
schöpfet er aus und wühlt, die
Pflugschar pressend,
Jahr um Jahr mit Rössern und
Mäulern.
Leichtaufmerkender Vögel Schar
umgarnt er
und fängt, und des wilden Getiers
Stämme,
das Wassergeschlecht des Meers
mit reichgewundenem Netzgespinst,
er, der überaus kundige Mann,
und wird mit Künsten Herr des
Wilds,
des freien, schweifend auf den
Höhn
und zwingt den Nacken unter das
Joch,
den dichtbemähnten des Pferdes,
und
den immer rüstigen Bergstier.
Die Rede auch und den Gedanken,
Gleich der Luft, und
städtegründenden
Eifer lernt er und
unwirtlicher Klippen Himmelsgluten
und Geschosse des Regens zu
meiden,
allererfahren, unerfahren
schreitet er nirgends ins
Künftige;
nur den Tod zu fliehen, ist ihm
versagt,
obgleich er Entrinnen ratloser
Krankheit ersonnen.
*******************
Idar-Oberstein, im Dezember 2015