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S
onnentag im heimatlichen Tal


Der Tag heute ist wie aus einem Bilderbuch: tiefblauer Himmel, heiße Sonne, ein kühlendes Lüftchen,
das sanft über meine Haut streicht.


Ich bin allein, bis auf meine kleine tierische Gefährtin, die Katze Mohrchen, die so kapriziös wie alle
ihrer Familie unter einem rot blühenden Rhododendronbusch Siesta macht und von dort aus alles fest im
Blick hat.


In der Ferne kräht ein Hahn, unterbricht die beschauliche Stille.  

Meine Gedanken gleiten zurück, viele Jahre, in denen unsere Familie noch komplett war. Wie sehr
haben wir damals  zusammen die wunderbare Zeit in diesem von unseren Eltern erschaffenen kleinen
Paradies genossen:


Die warmen, endlos langen Sommertage am Wasser, die warmen, geheimnisvoll wispernden lauen  Nächte
am Kamin, in dem das Holzfeuer freundlich prasselte und knisterte.


Vater, Mutter, Bruder – alle sind sie gegangen, still und leise sind sie hinübergeglitten in das Land der Stille und
des ewigen Schweigens. In ein Land, das auf jeden von uns wartet.


Jetzt sind sie nur noch da in lebhafter  Erinnerung.

Heute ist es die kleine Katze, die mir  hier in diesem mir so vertrauten Tal das Gefühl von Einsamkeit nimmt. Und auch
der Hahn, der so wie damals immer noch eifrig und ausdauernd kräht.


«Es sang vor langen Jahren
Wohl auch die Nachtigall!
Das war wohl süßer Schall,
Da wir zusammen waren.

Ich sing' und kann nicht weinen,
Und spinne so allein,
Den Faden klar und rein
So lang' der Mond wird scheinen.
«


Zitat von Clemens Brentano (1778 - 1842)


Nockenthal, 5. Mai 2018
Copyright Gisela Bradshaw