Shopping with Ma - Eine Erinnerung
geschrieben von KUNO
Anbei eine kleine Story über Erlebnisse im Alltag unserer Mutter:
letzte Woche herrschte hier eine für hiesige Verhältnisse
fast "sibirische Kälte" und der
Donnerstag war als "shopping-Tag"
auserkoren, d.h. Ma (85 Jahre) von N. abholen und zu
Aldi und zum
Metzger zu fahren. In N. angekommen, wollte ich für Ma die Beifahrertür
öffnen,
die sich aber wegen Vereisung zunächst nicht öffnen ließ. Erst
nach Anwendung von Brachialgewalt
ging sie schließlich auf, aber mit
dem Nebeneffekt, dass sie sich wegen der Vereisung nicht mehr
schließen ließ.
Uns fiel als Retter der Situation natürlich Herr D., unser
Nachbar, ein, den wir dann ansteuerten.
Er erschien, nur mit
einem dünnen Hemd bekleidet vor seinem Haus und begann das
Schloss mit
Vereisungsspray zu bearbeiten. Aber es war nichts zu
machen, das Schloss reagierte nicht.
Dann wurde Herrn D.‘s Nachbar herbeigerufen, dem es nach langen
Bemühungen mit einem
anderen Spray gelang, das
Schloss wieder gangbar zu machen.
Mittlerweile war schon eine Stunde vergangen, und
Ma´s und mein Gesicht hatten sich wegen
der eiskalten Luft in
tiefrotes Purpur verwandelt. Schließlich fuhren wir dann
doch los, zu Aldi.
Auf dem Parkplatz angekommen, erhob sich für mich
die Frage:
Wie kriege ich Ma aus dem Auto, ohne die Beifahrertür zu öffnen?
Herr D. hatte mir nämlich angeraten, unter keinen Umständen die
Beifahrertür zu öffnen,
um dasselbe Dilemma wie vorher zu verhindern.
Es blieb also nur eine Lösung:
Ma musste von dem Fahrersitz aussteigen. Also:
Mit den Beinen hoch und seitlichem Schwung zur Überwindung des
Gangschaltungshebels und
der Handbremse über den Fahrersitz auf die
linke Seite hinüber kommen..
Es gelang gut, trotz Ma’s gereiften Alters! Ich war des Lobes voll und anschließend wurde bei
Aldi geshopt.
Die nächste Station war die Metzgerei. Das hieß, also wieder auf akrobatische Art einsteigen
und losfahren.
Ma sagte nach Erreichen der Metzgerei:
„Geh Du allein hinein und kaufe ein Kilo Hackfleisch und EIN
HALBES KILO Spießbratenwurst.“
(Diese Wurstsorte ist hier in
Idar-Oberstein eine sehr beliebte Spezialität).
Nach dem Nennen der Menge schaute mich die Verkäuferin am
Wurstschalter sehr erstaunt an,
ging dann in den Lagerraum, um die
nötige Menge der Ware zu holen. Sie kam zurück mit einem ca.
30 cm
hohen Turm von Wurstscheiben, den ich dann, mittlerweile etwas
zweifelnd der Menge wegen,
annahm. Nach Zahlung von ca. 13 EURO verließ
ich das Geschäft.
Im Auto übergab ich Ma den Wurstberg und hörte ihren Aufschrei:
„Das muß aber doch mehr als ein halbes Pfund sein! "
Ich antwortete, ich hätte doch weisungsgemäß ein halbes Kilo gekauft.
„Nein, ich wollte nur 500 gr., was soll ich denn mit so viel
Wurst? Geh in den Laden zurück und
gib die Hälfte zurück!“
Ich weigerte mich vehement, und nach langem Überlegen kamen
wir dann auf die rettende Idee,
einen Teil der
Wurst einfach einzufrieren. Unsere Fahrt nach Hause verlief,
abgesehen von Ma's
akrobatischem
Wiederaussteigen, das sie wie ich feststellte, immer besser hinbekam und
ihrer dann
einsetzenden totalen Erschöpfung
gut.
Bis bald und all the best
KUNO
R-Nockenthal. im November 2003
Anmerkung:
Der Verfasser dieser kleinen Story war mein Bruder Rudolf * der
damals den Spitznamen Kuno hatte.
*Rudolf ist leider Gottes am 16. Februar 2018 an einem schweren Herzinfarkt verstorben. Wie man an dieser
kleinen lustigen Geschichte sieht, hatte Rudolf/Kuno einen trockenen Humor, dem man nicht widerstehen konnte.
Über den in der Geschichte beschriebenen Vorfall lachten wir noch lange Zeit danach. Aber wie das Leben so
spielt, sind fast alle Protagonisten nicht mehr am Leben: Rudolf, unsere Mutter, unser Vater.
Unser lieber Vater hat uns am 21. Jan. 2004 für immer verlassen, Unsere geliebte „Ma“ ist am 7. März 2010
mit 93 Jahren von uns
gegangen. Bis ganz zum Schluss ihres langen Lebens war sie für ihr
hohes Alter
noch erstaunlich gelenkig und hatte Spaß an allen
sportlichen Aktivitäten, was auch in dieser kleinen lustigen
Geschichte zum Ausdruck kommt.
Zu Ehren unserer Mutter und auch unseren Bruders habe
ich diese kleine lustige Geschichte in meine aktuelle
Homepage gesetzt.
Ich glaube, beide, unsere Mutter und unser Bruder würden herzlich über diese kleine Episode lachen,
wenn sie
noch bei uns wären.
Gisela Bradshaw
Idar-Oberstein, im März 2016/update Okt. 2018/Februat 2019