Antananarivo/Madagaskar

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Antananarivo, eine Stadt,
in der Armut Macht hat über alles Leben
und den Tod im Gepäck mit sich führt,
eine Stadt mit Menschen,
die wie Hunde durch Müll bedeckte Straßen kriechen
und ihr Hände wie schwarze Klauen
flehentlich bettelnd gen Himmel recken,
mit kleinen Babies,
 an den  schlaffen Brüsten ihrer Mütter,
die in stinkendem Dreck
an dunklen, zugigen Straßenecken kauern,
mit schmutzigen kleine Buben,
die mit geliehenen Babies im Arm
im steten Fluss des Verkehrs
nach Almosen rufen,
mit zugigen Straßen, auf deren kümmerlichem Grün
ausgezehrte Kühe nagen.
Eine Stadt, deren Luft zum Schneiden dick ist,
gesättigt mit Abgasen einer Million uralter Vehikel,
die sich  Lindwurmartig durch die Lande quälen,
quer durch einen Strom von Menschen,
die  wie es scheint, auf der Straßen leben.
Eine Stadt mit brutalen Banden,
die Hatz machen auf Reiche
Männer, die aus Not heraus rauben,
bereit sind, sich alles
auch mit Gewalt zu nehmen.
Antananarivo,  eine Stadt des Elends,
der Gewalt und Hoffnungslosigkeit,
eine Stadt der Verdammten
,
 aber auch mit shops
 voll mit blinkenden Ketten, chicen Taschen
und allem Schnickschnack
aus einer anderen, besseren Welt,

Antananarivo, eine große Stadt in Madagaskar,
einer Insel von bezaubernder Schönheit,
mit atemberaubenden Blicken
über weites braunes Land
begrenzt von Hügelketten,
die sich am fernen Horizont,
unseren schweifenden Blicken entziehen,
sich in berückender Vielfalt vertiefen.
Mit ockerfarbenen Hütten zwischen Bougainvilleas
 in verschwenderischer Fülle blühend,
mit Reisfeldern leuchtend grün,
Eukalyptusbäumen,
Yakarandas in sonnendurchglühtem Violett.
Madagaskar, ein Land, das lächelt
mit gastfreundlichen Menschen,
deren Armut ihr Schicksal ist,
ein Land der Gegensätze,
von überwältigender Vielfalt,
in dem Habgier der Herrschenden
die Menschen zu Armut verdammt,
sie versklavt und alle Schätze ohne Skrupel
in die eigenen Taschen steckt.


Szenen aus Madagaskar

Madagassen, die die sich in regelmäßigen Abständen an den großen teilweise prunkvollen Gräbern ihrer
 Verstorbenenen (in Form meist von quadratischen gemauerten Häuschen mit Eingang) einfinden, fröhlich feiern,
 trinken, essen und ……….die Knochen ihrer Ahnen ausgraben, waschen und in frischen Tüchern eingehüllt wieder ins
Grab zurücklegen. (Diese für uns makabre Prozedur passiert im Zusammenhang mit dem Ahnenkult, besonders der ländlichen
 Bevölkerung, die sich verpflichtet fühlt, ihre Verstorbenen zu hegen, zu pflegen und ihrer in dieser Weise zu gedenken,
 auch um zu verhindern, dass ihre Toten einen Fluch auf sie legen.)

Kleinkinder, die fast nackt mitten im Verkehrsgewühl Lehm verschmiert mit laufenden Rotznasen in den Nischen
zwischen Kiosken sitzen und spielen.

Apathisch an Mauern herum sitzende ausgemergelte Männer in Lumpen, die mit verdrehten Augen nach innen schauen.
Überall Menschen, denen man den Mangel ansieht, tragen etwas bei sich, das sie verkaufen wollen: ein paar Tomaten,
 Sonnenbrillen, Einkaufstüten eines Luxusladens, Kugelschreiber, Bleistifte, Vanille, Mandelkuchen (mit dem merkwürdigen
Aussehen eines dunklen Schwarzwälder Schinkens).

Uralte klapprige Taxen, die fast auseinander fallen und zum Teil immer wieder durch zwei Kabel angelassen werden müssen.
Bergrunter fahren alle Taxifahrergrundsätzlich mit ausgeschaltetem Motor, um Kraftstoff zu sparen.

Taxen, die während der Fahrt ein Rad verlieren (selbst erlebt).

Taxifahrer, die vor dem Losfahren das Geld verlangen und dann 1 Liter-Plastik-Flaschen an der Tankstelle mit Benzin
oder Diesel füllen.

Pousse-Pousse (eine Art Rikscha mit Männern als Zugmotor), ein Transportmittel für Menschen und Sachen, auch im Osten
der Insel geläufig.

Ein Blumenstand mit herrlichen Pflanzen und Blumen, den ein beißender Geruch nach Fäkalien umweht.
Grund: ein tiefes Loch in der Nähe, das offenbar als Klosett verwendet wird.

Hinter dem Stand mit Blumen und Pflanzen: ein lang ausgedehnter Slum bestehend aus Hunderten von Bretterverschlägen,
 in denen  Menschen hausen. Auf dem Gelände Männer, Frauen und Kinder, die in der gleißenden Hitze auf der Erde herumsitzen.
An einem schmutzigen, stinkenden Tümpel tummeln sich Enten, Hühner und kleine Küken. Drei kleine Jungs jagen Hühner, die grell gackernd  zu entkommen versuchen.

In glühender Hitze am Wegesrand: Frauen, die bei jedem vorbeifahrenden Auto wie jack-off- the-box kleine zappelnde
Häschen hervor zaubern

Frauen auf dem Lande, die am Wegesrand in schwarzen Eisentöpfen kochen und das Essen an Vorbeifahrende
verkaufen.

Auf den Märkten magere Hähne, die in glühender Sonne mit einem Fuß festgebunden sind.

Klapperdürre Hunde, die mit gesenkten Kopf die Landstraße entlanglaufen auf der Suche nach einem Platz und Futter.
Katzen sind aus mir nicht bekannten Gründen kaum zu sehen. Wahrscheinlich wandern viele von ihnen in einem Kochtopf.

Auf dem Nachtmarkt: heftig trinkende Männer, die sich vor gut bestückten Alkoholkiosken häuslich niedergelassen haben.

Frauen und Männer, die neben einem von Autos dicht befahrenem Boulevard Erde ausgraben und in Säcke verpacken.

Frauen, die auf befahrener Straße ihre Röcke schürzen, um  ihre Notdurft verrichten.

Auf der Landstraße: Männer und Frauen auf Fahrrädern, die in kleinen runden Körben eine große Masse dicht
eingepferchter Hühner transportieren.

Ein Mann, der mit drei zerzausten Zicklein eine dicht befahrene Verkehrsstraße entlang läuft.

Aber auch:


N
oble Residenzen von Ausländern, mit Stacheldraht umzäunt und von Heerscharen uniformierter Wachleute beschützt.

Elegante Frauen von Bonzen, die sich in dicken Autos von Chauffeuren in Livré durch die Stadt fahren lassen



Mein letzter Tag in Tana
 
Nach dem Frühstück nahm ich die junge Hündin Msanga, meine Freundin, an die Leine und machte mit
 ihr einen meiner alten Spaziergänge zuden Reisfeldern. Leider hatte ich keinen Fotoapparat dabei,
denn es war dort einfach wunderschön.
Ich will versuchen, mit Wortem auszudrücken, was ich dort erlebte.

Dicht bei den Reisfeldern sah ich in einem mit braunem Wasser gefüllten Teich wilde Enten, die sich in dem stehenden
 Gewässer äußerst wohl zu fühlen schienen. Sie tauchten, Köpfchen unter Wasser, ihre Schwänzchen in die Höhe und
schnatterten um die Wette. Dann watete ich barfuss mit Msanga, der sich auch sehr wohl zufühlen schien, in die Reisfelder.
Ich lief zickzack über die kleinen grünen Dämme, die durch den sumpfigen Boden führten und geriet ziemlich weit in die
 Felder hinein. Ich sah weiße Fischreiher, die majestätisch fast unbeweglich im Wasser standen, einige rosaweiße Flamingos, die sich
 mit ihren langen Schwingen elegant in die Lüfte erhoben und von dannen schwebten. Dieser sumpfige Fleck Erde ist ein wahrhaftiges Vogelparadies.

Ich sah einige Madagassen, die mit Sicheln inmitten der Felder Grünzeug abschnitten und mit grauen Säcken abtransportieren.
Sie benützen dieses frische Gras sicher zuhause für ihre Tiere. Mitten auf dem Pfad, auf dem ich entlang ging, bemerkte ich
plötzlich ein kleines Chamäleon, das sich hurtig in Richtung Gebüsch bewegte. Ich versuchte es mit einem Stöckchen zu leiten,
 aber es hatte offensichtlich andere Pläne und verschwand dann aus meiner Sicht. Es hatte eine perfekte Tarnung angenommen,
 sodass es einfach nicht mehr inmitten der grünen Umgebung auszumachen war.

Die Reisfelder erstrecken sich weit ins Land hinein, und in weiter Ferne sah ich die Hügel der Stadt und noch weiter entfernt die
 hohen im Sonnenlicht bläulich herüber leuchtenden Berge. Kaum ein paar Kilometer entfernt von dem Gewühl der dreckigen
Innenstadt gibt es hier ein Stück Natur, das  Geist und  Seele gut tut. Während ich so durch diese schöne Landschaft watete, fühlte
ich mich so richtig gut und alles, was mich noch am Morgen bedrückt hatte, war wie weggeblasen.
Es war ein schöner stiller Abschied von Madagaskar und der Stadt Tana.

Epilog


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Dicht neben ihr setzte ein weißrosa Flamingo zu Landung an und blieb
majestätisch auf einem zarten schlanken Bein stehen.

"Komm mit",
 sagte er zu mir. "Ich will dir die Schönheit dieses Landes zeigen, eine Schönheit, die alle
Vorstellungskraft sprengt.
 Ich zeige dir Berge, zerklüftet und wild, die in allen Farben schillern, blaue Lagunen
im hellen Sonnenlicht, ein türkisblaues Meer, das sich weiß schäumend an steilen Küsten bricht.


Wir tauchen hinab hinunter bis zum Grund des Ozeans, schwimmen mit bunten Fischen durch eine Welt der
Wunder, die weit weg vom menschlichen Auge im Verborgenen blüht.

Komm mit mir,
flieg mit mir bis zum Ende dieses Landes, damit du zuhause berichten kannst von all diesen
 Wundern und der Eigenart dieser Insel, die auf der Welt einmalig ist.
"

Mit diesen Worten erhob er sich und schwebte wie ein weiß rosa Traum dem blauen Horizont entgegen.



Obige Texte sind Bestandteil  meiner Reisebeschreibung »Madagaskar» vom September 2009
(auch hier in dieser homepage unter der Rubrik »Unterwegs»).

Copyright2009Gisela Bradshaw
Antanarivo, September 2009Updated Nov. 2020